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* = im Hoetger-Flügel, ** = im Müller-Menckens-Flügel, *** = in der Artothek

Noch bis 26.01.2003 **
Ausstellung: Geschenkte Kunstwerke – Neues in den Beständen der Kulturstiftung Landkreis Osterholz

Noch bis 16.02.2003 *
Ausstellung: Bilder von den Gründern der Künstlerkolonie Worpswede

Noch bis 23.03.2003 **
Sonderausstellung „Krieger und Amazonen der Steppe“

21.01. bis 27.04.2003 ***
Geburtstagsraum – kleinformatige Werke aus dem Bestand der Artothek von Heini Linkshänder werden anlässlich seines 65sten Geburtstag gezeigt

30.01. bis 25.05.2003 **
Ausstellung: „Landschaften“ aus der Sammlung der Niedersächsischen Sparkassenstiftung

23.02. bis 18.05.2003 *
Ausstellung: Der Hamburgische Künstlerclub von 1897 und die Worpsweder Maler – Gemälde aus der Kunstsammlung der Hamburger Sparkasse und norddeutschen Museen

09.05. bis 31.08.2003 ***
Geburtstagsraum – Uwe Hässler wird 65 Jahre. Anlässlich seines Geburtstages werden seine neuesten Arbeiten sowie die Kunstbestände der Kulturstiftung gezeigt

23.05. bis 01.09.2003 *
Ausstellung: Lebensräume zu Rilkes Zeiten – Blick auf Höfe und Häuser

Begleitprogramm zur Ausstellung:
Ab 31.05.03 jeden Samstag 16 Uhr – „Mit Rilke spielen ... auf seinen Spuren in der Großen Kunstschau – Memory für Menschen jeden Alters“
29.06.03, 17 Uhr „Die andere Sicht“, Rundgang durch die Ausstellung mit Hans-Jörg Schulze-Herringen, Architekt
31.08.03, 17 Uhr Finissage und Rundgang durch die Ausstellung mit Dr. Karen Elisabeth Hammer

02.06. bis 07.09.2003 **
Ausstellung: Pas de deux – materialbetonte Arbeiten von Lothar Brix und Gisela Rettig-Nicola

05.09. bis 08.02.2003 *
Ausstellung: Bilder von den Gründern der Künstlerkolonie Worpswede aus dem Bestand der Kulturstiftung Landkreis Osterholz

12.09. bis 16.11.2003 **
Ausstellung: Robert Rehfeldt (1931 bis 1993) - Arbeiten auf Papier

10.10.2003 bis 25.01.2004 ***
Ausstellung: Treffpunkt Worpswede – Geburtstag mit Gästen – Peter-Jörg Splettstößer 65 Jahre

23.11.2003 bis 22.02.2004 **
Ausstellung: Gustav Szathmáry – Ein Leben für Paula – Auf den Spuren einer historischen Person



Nachfolgend gibt es vertiefende Informationen, soweit Material zur Verfügung steht:



Der Hamburgische Künstlerclub von 1897

und die Worpsweder Maler
Gemälde aus der Kunstsammlung der Hamburger Sparkasse und norddeutschen Museen

23. Februar - 18. Mai 2003

Im Frühjahr 1897 schlossen sich die alle um 1870 geborenen Hamburger Maler Julius von Ehren, Ernst Eitner, Arthur Illies, Paul Kayser, Friedrich Schaper, Arthur Siebelist, Julius Wohlers, Alfred Mohrbutter und der zwanzig Jahre ältere Thomas Herbst zum "Hamburgischen Künstlerclub" zusammen. Dadurch entstand in Hamburg, noch vor der Gründung der Berliner Sezession 1898, eine der ersten fortschrittlichen Künstlervereinigungen Deutschlands. Die beiden Hamburger Maler Illies und Herbst hatten bereits 1894 zwecks Studienplatzsuche Worpswede besucht. Den Tagebuch-Aufzeichnungen von Illies zufolge trat man aber, von der "schwermütigen Stimmung" des Dorfes und der Landschaft nicht angeregt, schon bald die Heimreise an.

Die Initiative zur Künstlerclub-Gründung kam vom damaligen Hamburger Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark. Seine Versprechungen auf Erfolg und Aufträge erfüllten sich zunächst nicht, im Gegenteil: mit ihrer für Hamburger Verhältnisse neuartigen, an den französischen Impressionisten orientierten, starkfarbigen Freilichtmalerei provozierten die "jungen Hamburger" zunächst einen Kunstskandal. Lichtwarks Aufforderung "Meine Herren, malen Sie hamburgische Landschaft!" befolgend, waren sie bereits ab 1893 in die ländliche Umgebung ins Alstertal, ins Alte Land und auf die Elbinsel Finkenwerder gezogen und hatten sich in der neuen Lichtmalerei versucht. Während die Gemälde der Worpsweder 1895 auf der Kunstausstellung in München als Sensationserfolg gefeiert wurden, entfachten die ebenfalls vor der Natur entstandenen Bilder der Hamburger Maler gleichzeitig in ihrer Heimatstadt einen Sturm der Entrüstung.

In vielen Künstlerkolonien jener Zeit war die Schilderung einer langsam untergehenden, naturverbundenen bäuerlichen Lebenswelt ein wichtiges Anliegen. Die Hamburger unterscheiden sich von ihnen durch die intensivere Auseinandersetzung mit den Erscheinungen des Lichts in der Natur und den Verzicht auf jegliche dekorative oder gefühlsbetonte Nuancen zugunsten eines von Atmosphäre erfüllten impressionistischen Gesamteindrucks.

Doch die ungewohnte Helligkeit ihrer Landschaftsbilder und die unscheinbaren, in den Augen der Betrachter "nicht bildwürdigen" Motive des Alltagslebens stießen auf heftige Ablehnung. Empörte Kunsthallenbesucher hatten angesichts der hellfarbigen Landschaftsbilder mit den typischen violetten Schatten keine andere Erklärung, als dass "diese Modernen alle verrückt" seien. Nie wieder stand die Kunst in Hamburg so im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses wie damals! In Anlehnung an den ab 1895 verwendeten Gruppennamen "Künstlervereinigung Worpswede" gedachte auch der Hamburgische Künstlerclub zunächst, sich "Künstlervereinigung Hamburg" zu nennen. Zwei ebenfalls nach Worpsweder Vorbild herausgegebene Graphikmappen mit Lithographien der Künstlerclub-Mitglieder in den Jahren 1897 und 1898 brachten nicht den erhofften Erfolg. So ließ der Durchbruch der "neuen Richtung" in der Hamburger Kunst noch einige Jahre auf sich warten.

Als 1903 die Siebelist-Schüler Ahlers-Hestermann, Nölken, Friedrichs, Rosam und Voltmer in den Künstlerclub aufgenommen wurden, war die Vereinigung mit ihren aufsehenerregenden Ausstellungen zu einer festen Größe im Hamburger Kunstleben geworden. Als die um 1884 geborenen Jungkünstler sich aber um 1907 über den Naturalismus hinaus entwickelten und in Paris im Atelier von Henri Matisse neue Wege suchten, kam nach zehnjährigem Bestehen das Ende und die Auflösung des Hamburgischen Künstlerclubs.

In der aktuellen Ausstellung mit zahlreichen Leihgaben aus der Kunstsammlung der Hamburger Sparkasse kommt es erstmals nach fast 100 Jahren wieder zu einer Gegenüberstellung der fast zeitgleich entstandenen Werke der wesensverwandten Künstler aus Hamburg und Worpswede. Der 1905 in der Bremer Kunsthalle gegründeten "Vereinigung Nordwestdeutscher Künstler" gehörten sowohl die Worpsweder als auch die Hamburger Maler an, und in den gemeinsamen Ausstellungen hingen z.B. 1908 in Berlin die Landschaftsbilder von Eitner, Illies, Schaper und Siebelist neben denen von Modersohn, Mackensen, am Ende und Overbeck. So verschieden die Ausdrucksweisen beider Künstlergruppen auch damals gewesen sein mögen, um so deutlicher wird heute das gemeinsame Anliegen sichtbar: die Vermittlung einer seinerzeit neuen Naturauffassung, die vom französischen Impressionismus ausgehend ihren Siegeszug um die Welt antrat und zum Ende des 19.Jahrhunderts zum Inbegriff der modernen Kunst wurde.

Text: Dr. Carsten Meyer-Tönnesmann

Hier sind einige Eindrücke von der Eröffnung (Klicken auf ein kleines Bild zeigt es größer):





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Lebensräume zu Rilkes Zeiten

Blick auf Höfe und Häuser

23. Mai – 1. September 2003

Häuser und Höfe waren nicht nur für den Maler Fritz Mackensen ein reizvolles Motiv. Der spätere Gründer der Künstlerkolonie schreibt während seines ersten Aufenthalts im September 1884: „Hier in Worpswede ist es sehr hübsch, weit im Umkreis sieht man die malerischen Heideflächen; hübsche alte Häuser mit Strohdächern kann ich hier in Hülle und Fülle sehen“.

Um 1900 fanden die Landschaftsmaler eine Kulturlandschaft im Teufelsmoor vor. Das Dorf Worpswede war der Mittelpunkt für die Erschließung der Region. Hier gab es eine Kirche, eine Schule, einen Arzt und Apotheker sowie Häuser von Händlern, Handwerkern und Gastwirten. Nicht nur die umliegende Moorlandschaft war Motiv- und Inspirationsquelle der Maler sondern auch die Behausungen dieser Landbevölkerung. Das Rot der Häuser, eingebettet ins Grün von Gärten und Wiesen, ergab zusammen mit den vielfachen Nuancendes Moorwassers und den Schattenspielen des Sonnenlichts eine sehr überraschende Farbigkeit. Werke von den Gründern der Künstlerkolonie wie Fritz Overbeck, Hans am Ende, Otto Modersohn und Heinrich Vogeler und den später gekommenen wie Carl Vinnen, Paula Modersohn-Becker, Ottilie Reylaender und Udo Peters zeigen die Vielfalt der menschlichen Behausungen, die zu Lebzeiten Rainer Maria Rilkes entstanden. Es liegen mannigfaltigeTexte vor, in denen sich der Dichter über Landschaft, Menschen, Häuser und Künstler in der Umgebung äußert. Ergänzend werden in einem Nebenraum historische Fotografien mit dokumentarischem Wert präsentiert. Sie geben einen Einblick in das Leben der Menschen im Moor in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und runden die Ausstellung ab. Auf diese Weise kann der Besucher den Blick der Maler und den der Fotografen vergleichen und auf sich wirken lassen. Ein Katalog zur Ausstellung beschreibt Rilkes Eindrücke, die Bilder und das Leben der Menschen.





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Pas de deux - materialbetonte Arbeiten

Lothar Brix und Gisala Rettig-Nicola

02. Juni - 07. September 2003

Zwei Künstler aus dem Landkreis Osterholz und Mitglieder des BBK Worpswede lassen in ihren Arbeiten Strukturen entstehen, deren rezeptorischer Reiz in der Gegenüberstellung beider Positionen deutlich wird.

LOTHAR BRIX
wuchs in Elenia Gora (Hirschberg/Schlesien) auf. Seine kunst- und musikwissenschaftlichen Studien in Göttingen, Kopenhagen und in den USA schloss er mit einer Promotion in Musikwissenschaften ab. Der Meisterschüler von Henri Hinsch ist als freischaffender Künstler tätig und war bis 1997 Mitglied der Gruppe "new realistic arts" Boston.

GISELA RETTIG-NICOLA
wurde in Hamburg geboren und lebte dort bis 1992. Nach dem Studium der Erziehungswissenschaften (Dipl. Päd.) schloss sich eine langjährige Berufsarbeit in der außerschulischen Erwachsenenbildung an. Parallel dazu entstanden kontinuierlich künstlerische Arbeiten. 1993 zog sie nach Worpswede und ist außerdem freiberuflich im Bereich Kulturelle Bildung in verschiedenen Bundesländern tätig.
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Robert Rehfeldt (1931-1993) - Arbeiten auf Papier

Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafik, Mail Art

12. September - 16. November 2003

Vor zehn Jahren starb Robert Rehfeldt in Berlin. Anlässlich der 10. Wiederkehr des Todestages übergeben Heinz und Helga Dodenhof eine Sammlung von Arbeiten von Robert Rehfeldt als Schenkung an die Kulturstiftung Landkreis Osterholz. Diese Sammlung wird in dieser Ausstellung vorgestellt. Gleichzeitig wird das Ergebnis einer Mail Art Aktion gezeigt, die Ruth Wolf-Rehfeldt organisiert hat.

Rehfeldts Werk steht für einen abgeschlossenen Zeitraum der jüngeren deutschen Geschichte und ist ein Beispiel für eine Künstlerexistenz in der DDR. In Einzel- und Gruppenausstellungen wurden seine Arbeiten auf Biennalen in den Ländern des Ostblocks, aber auch auf internationaler Ebene gezeigt. Ein wichtiges Arbeitsgebiet war für Rehfeldt die Druckgraphik mit unterschiedlichen Techniken und die Mail Art.
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Treffpunkt Worpswede - Geburtstag mit Gästen

Peter-Jörg Splettstößer 65 Jahre

09. Oktober 2003 - 25. Januar 2004

Peter-Jörg Splettstößer ist seit seinem sechsten Lebensjahr im Dorf Worpswede ansässig. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er an der Kunstschule Bremen. Er lebte und arbeitete viele Jahre auf dem Barkenhoff und pflegt heute noch den Kontakt zu den Stipendiaten der Künstlerhäuser Worpswede. Als Konzeptkünstler ist Splettstößer immer auf dem Weg. Um sich mit den Kunstszenen in den europäischen Metropolen auseinander zu setzen, wechselt er die Ateliers, arbeitet und lebt auf Zeit in Rom, Paris, Amsterdam usf. Durch diese Lebensweise entstanden Kontakte und Freundschaften, die der Künstler pflegt. In den letzten Jahren gehören dazu Margund Smolka in Berlin und Loes van den Putte in Amsterdam. Alle drei beschäftigen sich mit dem Thema Raum und seine Entfaltung unter der Einbindung von plastischen Prozessen und Formen.

Margund Smolka, 1958 in Kiel geboren, studierte freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Es folgen zahlreiche Auszeichnungen und Ausstellungen in deutschen Großstädten und Wien. 1995 erhielt sie ein Stipendium der Barkenhoff Stiftung und ist seitdem Worpswede verbunden. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin.

Loes van den Putte wurde 1953 in Valkenswaard in den Niederlanden geboren und studierte an der Akademie für Kunst und Formgebung in Den Bosch. Es folgen Ausstellungen im ganzen Land. Mehrere Werke finden Aufnahme in großen öffentlichen Sammlungen. Die Professorin hat ihr Atelier in Amsterdam.
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Gustav Szathmáry - Ein Leben für Paula



Barkenhoff-Stipendiat auf den Spuren einer historischen Person

23. November 2003 - 20. Februar 2004

Wer war Gustav Szathmáry (1867-1907) und welche Rolle spielte er im Leben von Paula Modersohn-Becker?

Für den Barkenhoff-Stipendiaten Dirk Hennig wurde ein Brief, den er 2000 auf einem Flohmarkt in Bratislava erwarb, Auslöser für eine aufregende Spurensuche: Hinweise auf ein Grab und eine geheimnisvolle, tragische Liebesgeschichte zwischen dem ungarisch-deutschen Komponisten und Fotografen Szathmáry und Paula Modersohn-Becker (1876-1907) führten ihn nach Worpswede.
Hier entdeckte er im Zuge einer Grabung Artefakte und den gut erhaltenen Körper Szathmárys. Die Ausstellung rekonstruiert das Leben des Komponisten und dessen Beziehung zu „Paula" mit Fotografien und anderen Fundstücken und zeigt in einer spannenden Dokumentation die Ausgrabung mit dem konservierten Leichnam Szathmárys.



Die Begleitbroschüre zur Ausstellung

Seine Genossen nannten ihn längst einen
sonderbaren Kauz; sie schätzten seine Herzlichkeit,
die oft an Sentimentalität grenzte, freuten sich an
seinem Frohsinn, ließen ihn einsam, wenn er
traurig war, und duldeten seine Überlegenheit
mit gutmütigem Vergeben.


Rainer Maria Rilke, 1897, Heiliger Frühling



Gustav Szathmáry (1867-1907)

Der Künstler
Bisher ist sehr wenig über Gustav Szathmáry bekannt gewesen. Bei einen Brand im elterlichen Haus in Wien sind fest alle Aufzeichnungen und Dokumente verbrannt. Selbst Todesdatum und Todesort waren bis dato unbekannt.
Durch einen Glücksfall der Geschichte konnte im Jahre 2003 das Leben dieses ungewöhnlichen Künstlers und Menschen rekonstruiert werden. In einem kleinen Buch, kein Tagebuch, eher ein „Lebensbuch", das Szathmáry immer bei sich trug und in das er sporadisch Eintragungen vornahm, ist eine Quelle aus erster Hand aufgetan. In sein von ihm gewähltes Grab hat es ihn begleitet und so Aufschluss darüber gegeben, was von 1890 bis 1907 geschah.

Biographie
Szathmárys Leben verlief auf unruhigen Bahnen: 1867 wurde er in Budapest als einziger Sohn eines ungarischen Juristen und einer deutschen Mutter geboren. Aufgrund seiner Bilingualität war er sehr sprachbegabt und bekam frühzeitig Unterricht in Französisch und Italienisch. Ab seinem 6. Lebensjahr hatte er Klavierunterricht und begann ebenso früh mit eigenen kleinen Kompositionen.
1880 stirbt der Vater, die Mutter geht mit ihrem 13-jährigen Sohn nach Wien, wo die Familie mehrere Häuser besitzt. Szathmáry beginnt 5 Jahre später das Studium des Klavierspiels und der Komposition am Wiener Konservatorium und später an der Musikakademie in Budapest. Der fehlende Vater und die kränkelnde Mutter treiben den gut aussehenden jungen Mann in zahlreiche Liebschaften, welche ihm mehrmals einen Verweis aus dem Akademiebetrieb einbringen.
1888 begegnet Szathmáry an der Oper in Budapest Gustav Mahler, wo Mahler Direktor ist. Über die Beziehung zu Gustav Mahler hält sich Szathmáry in seinem „Lebensbuch" zurück. Lediglich die Besuche einiger Konzerte Mahlers werden erwähnt.
Gegen Ende 1888 begibt er sich auf eine längere Reise durch Europa. Aufenthalte in Rom, Venedig, Florenz, Madrid und Paris sowie Berlin lassen ihn ruhelos durch die Metropolen und Künstlerkreise treiben. Finanziell unabhängig, dauert seine Reise bis 1890.
1894 stirbt die Mutter in Wien und Szathmáry ist alleiniger Erbe. Mehrere Häuser in Wien und Budapest zählen nun zu seinem Eigentum. Doch unfähig mit Geld umzugeben, übergibt er die Verwaltung des Erbes einem befreundeten Juristen. Die Unabhängigkeit ist ihm stets wichtiger als der Besitz.
Durch den Verlust der Mutter werden seine Beziehungsschwierigkeiten deutlicher. Kurzlebige Affären wechseln sich ab. In der Zeit nach dem Tode der Mutter beginnen ihn Depressionen und Schwermütigkeit zu lahmen. 1895 legt ihm ein befreundeter Arzt einen Kuraufenthalt nahe. Für ein halbes Jahr begibt sich Szathmáry nach Bad Ems. Doch mit dem beginnenden Herbst werden die Depressionen schlimmer, und er sucht Zuflucht im Süden, in Rom.
1896 lernt er Lou Andreas Salomé kennen. In München macht er durch sie die Bekanntschaft Rainer Maria Rilkes, der Szathmáry stark beeindruckt. Durch das „Schwermütige, Traurige und Einsame" in den Schriften Rilkes fühlt sich Szathmáry in seinen dunklen Stimmungen verstanden. Durch Szathmáry inspiriert, schreibt Rilke 1897 die Skizze „Heiliger Frühling". Die Figur des Vinzenz Victor Karsky im Heiligen Frühling trägt deutlich die „positiven" Züge Szathmárys.

Der Fotograf
In den folgenden Jahren entdeckt Szathmáry die Fotografie für sich. Von dem Medium fasziniert, entwickelt er eine eigene Kamera. „Babám No. 1" benennt er die Kamera, was soviel wie „Schatz oder Liebling Nr. 1" bedeutet. Fast parallel entwickelt George Eastman in Amerika die „Kodak No. 1", ebenfalls eine Kamera mit Rollfilm, die sich sehr schnell als benutzerfreundlich durchsetzt. Obwohl Szathmáry seine Kamera 1897 in London zum Patent anmeldet, findet seine Erfindung wenig Anklang. Aufgrund seiner finanziell gesicherten Lage interessiert ihn die eigene Geschäftstüchtigkeit wenig.
Seine Abneigung, von Fremden fotografiert zu werden, führt ihn zu der Entwicklung einer Vorrichtung mit der er Selbstportraits herstellen kann. Der auch zum Patent angemeldete „Távkiolö" (Selbstfotografierer) ist ebenfalls kein finanzieller Erfolg.
Mit dem „Távkiolö" entstehen zahlreiche „Selbstfotos" Szathmárys, eine Art fotografisches Tagebuch, von dem in der Ausstellung nur eine Auswahl zu sehen ist.
Daneben entsteht eine Reihe von Portraits und Landschaftsfotografien. Die meisten der Fotos Szathmárys sind verloren gegangen. Einige Fotoalben, die seinem Grab beilagen, bieten einen Einblick in diesen Bereich seines Schaffens.

Düstere und lichte Kompositionen
1899 zwingen erneute schwere Depressionen Szathmáry zu einem weiteren Kuraufenthalt in der Schweiz. Er wendet sich wieder stärker der Musik zu. In Genf entstehen die „düsteren Kompositionen", Klaviersonaten von einer tiefen Traurigkeit und ebensolcher Schönheit. 1900 geht Szathmáry zurück nach Budapest, neue Schaffenskraft treibt ihn in seine Geburtsstadt, wo er Bela Bartók, den 14 Jahre jüngeren Ungarn an der Musikakademie kennenlernt. Die emotionale Seele der Ungarn lässt den Deutsch-Ungarn Szathmáry, der zeitlebens unter den „zwei Herzen, die in seiner Brust schlagen" litt, wieder neuen Lebenswillen finden. Eine neue Reiseperiode beginnt 1901 für ihn. Auf Anregung Bartóks hält sich Szathmary längere Zeit in Preßburg (Bratislava) auf. Hier entstehen die ungarischen Sonaten. 1904 brennt in seiner Abwesenheit sein HauptWohnsitz in Wien ab. Die „Zuflucht", wie Szathmáry das Haus nannte. Nur wenige Dokumente und Aufzeichnungen können gerettet werden.

Ein neues Leben
Szathmáry zieht nach Paris, wo er 1905 durch Rilke Paula Modersohn-Becker kennenlernt. Paula Modersohn-Becker, die zum dritten Mal in Paris verweilt, schreibt in ihren Briefen aus dieser Zeit wenig über Kunst - die Hingabe an das Leben dominiert. Von dieser Hingabe, der Leichtigkeit und dem Schaffensdrang Modersohn-Beckers angesteckt, stürzt sich auch Szathmáry in das Pariser Leben. Alle Bekanntschaften und Affaren Szathmárys verblassen gegenüber dem Erleben dieser positiven Lebenskraft. Der „Suchende" Szathmáry, dessen unbeständiger Lebenswandel ihn stets antrieb, „hinter den nächsten Gipfel" zu stürmen, fand in Paula Modersohn-Becker eine konstant wirkende Kraft, die ihn faszinierte. Doch Paula Modersohn-Becker, finanziell an ihren Mann gebunden, zieht es zurück nach Worpswede. Für Gustav Szathmáry wirkte die Bekanntschaft mit Paula Modersohn-Becker wie ein Jungbrunnen. Neue Kompositionen von einer Leichtigkeit und voller Zauber entstehen. Szathmáry schreibt: „... diese Kraft, dieser Wille, diese Freude,... wie macht die Liebe doch die Menschen gut, das erste Mal in meinem Leben hin ich an einem Punkt angekommen, wo ich stehen bleiben kann, wo ich verweiten möchte ...".
1906 treffen Paula Modersohn-Becker und Gustav Szathmáry erneut in Paris zusammen.

Am 23.02.1906 verläßt Paula Modersohn-Becker das Haus Otto Modersohns, um in Paris „hart zu arbeiten" und damit ihr Handeln zu rechtfertigen. Was genau in dieser Zeit in Paris geschah, geht aus den Aufzeichnungen Szathmárys nicht hervor. In den „Hochzeiten" seines Lebens hat Szathmáry nur wenig in seinen Buch eingetragen. Wir können also davon ausgehen, dass er 1905-06 in guter Verfassung war. Dass die beiden sich häufig getroffen haben, hat Szathmáry vermerkt, ebenso, dass er gemeinsame Pläne für die Zukunft machte. Vorsichtige Andeutungen von „Sesshaft werden" finden sich in den Aufzeichnungen vom 20. August 1906. Er schreibt: „... ich stehe vor der Schwelle zu einem neuen Leben, wo ich sein werde, ist nicht mehr wichtig, wichtig ixt nur, dass ich mit ihr sein kann..."
Am 3. September 1906 schreibt Paula Modersohn-Becker ihrem Mann „...Gieb mich frei, Otto. Ich mag dich nicht zum Manne haben. Ich mag es nicht. Ergieb dich drein. Foltere dich nicht länger. Versuche mit der Vergangenheit abzuschließen..." .
Gustav Szathmary war von dieser Entschiedenheit überwältigt. Sie wird für ihn frei sein. Unschlüssig und ängstlich, wie er auf die Situation reagieren soll, flüchtet er überstürzt aus der Stadt und reist nach Budapest, um sich bei seinem Freund, dem Arzt István Ihász, Rat zu holen. Er schreibt am 23.August: „... Ich spüre, ich habe nicht die Kraft zu entscheiden. Ich, der ich nie zur Bindung bereit gewesen. Und doch ist die Angst, sie zu verlieren, größer als die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen..."
So schreibt Paula am 9. September an ihren Mann „..., wenn du mich überhaupt noch nicht aufgegeben hast, so komme bald her, daß wir uns versuchen wiederzufinden... - ... ich fühle nicht welches mein richtiger Weg ist...".
Ob Paula Modersohn-Becker ihren eigenen Entschluss bereute, lässt sich nicht mehr klären. Die überstürzte Abreise Szathmárys muss eine herbe Enttäuschung gewesen sein.
Im September kommt Otto Modersohn nach Paris. Szathmáry bleibt bis Februar 1907 in Budapest und kann sich zu keiner Entscheidung durchringen. Erneute Depressionen machen ihm zu schaffen. István Ihász redet ihm gut zu und überzeugt ihn, im Februar nach Paris zurückzukehren. Doch ein Unfall in Budapest verhindert die Reise. Ans Bett gefesselt, schreibt Szathmáry mehrere Briefe nach Paris, die jedoch unbeantwortet bleiben. Im April endlich kommt Szathmáry in Paris an. Doch Paula Modersohn-Becker ist mit ihrem Mann nach Worpswede abgereist. Gustav schreibt ihr nach Worpswede, doch auch diese Briefe werden nicht beantwortet.

Das Ende in Worpswede
Von düsteren Gedanken geleitet, dass das Glück, das er so lange suchte, nun an ihm vorbeigegangen ist, reist er wieder zurück nach Budapest. Er macht sich Vorwürfe über sein Handeln und entschließt sich, im November nach Worpswede zu reisen. Am 29. November kommt er in Worpswede an und erfahrt, dass Paula Modersohn-Becker am 20. November verstorben ist, zwei Wochen nachdem sie eine Tochter zur Welt gebracht hatte.
Von Schuldgefühlen gepeinigt, steht Szathmáry stundenlang in der Novemberkälte am Grabe Paula Modersohn-Beckers. Er malt sich aus, welch anderer Weg möglich gewesen wäre und gibt sich die Schuld an Paulas Tod. Szathmary erkrankt an einer Lungenentzündung und schreibt aus seiner Schwermütigkeit heraus seinem Freund István Ihász in Budapest. In dem Brief bittet er seinen Freund und Arzt, nach Worpswede zu kommen. Er schreibt: „ "
Er ahnt sein Ende nahen und bittet seinen Freund um einen Gefallen. Von Fieberkrämpfen geschüttelt schreibt er Ihász, Worpswede zu seiner Ruhestätte zu machen.
Gustav Szathmary verstirbt am 6, Dezember 1907 in Worpswede. Heimlich vergräbt Ihász Szathmary in der Nähe des Friedhofs, auf dem Paula Modersohn-Becker beerdigt wurde. Wenn das Leben mit ihr zu teilen ihm nicht vergönnt gewesen war, so wollte er im Tode nicht von ihrer Seite weichen.

Gustav Szathmáry ist kein Komponist im herkömmlichen Sinne, er ist auch kein Fotograf im Sinne eines Fotografen. Szathmdry ist ein Suchender, ein getriebener, der die Stimmungen der Zeit in sich aufsaugt und nur die Perlen leise an die Oberfläche zurückfließen lässt, um sie dort unerkannt tanzen zu lassen.
István Ihász 1903

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2004 / 2002

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